07.05.2025 Pfaffenhofen / Stockerhof
Mittwochnachmittag, 18:00 Uhr, die Frisur sitzt, in Grün, Blau, Rot oder auch einfach in der naturgegebenen Haarfarbe. Aber in jedem Fall mindestens schulterlang, was Sinn macht, denn die lassen sich besser schütteln zu dem, was uns hier erwartet.
Das kleine Städtchen Pfaffenhofen wandelt sich, dank der Metal Crew welche hier seit ein paar Jahren ordentlich für Rabatz sorgen, zu einer kleinen aber feinen Metal Hochburg. Und die Leute danken es durch Anwesenheit. Zum wöchentlichen Bergfest im bayerischen Hinterland solch eine Sause aufzuziehen is scho a weng risky, aber nicht hier. Pünktlich zum Einlass steht schon eine ordentliche Traube von Kutten- und eben oben erwähnten Langhaarträgern aller Altersgruppen an der Location, die praktischerweise einen schönen überdachten Biergarten parat hält, in dem sich formidabel selbiger Hopfensaft genießen lässt. Morgen werden wohl ein paar gelbe Scheine den Besitzer wechseln, aber hey, Mann, Frau und alles dazwischen und rundherum müssen halt Prioritäten setzten, und die ist heute ganz klar, Metal.
Pünktlich um 19:00 Uhr legen dann auch die Jungs von KAIFECK los. Groovig wuchten die ersten Klänge aus den Boxen, unterlegt von einer verspielten Gitarrenmelodie. Dann ballert die erste doublebass Attacke heraus und der ganze Laden beginnt freudig zu beben. Abgerundet wird der Sound durch den kehlig kratzigen Gesang, der sich so stimmig in die Songs einfügt, dass ein schön furchterregendes Gesamtbild wie an einem trüben Wintertag in den Bergen entsteht. Allein im Wald, nur die Natur und irgendwo hinter den Bäumen, lauert etwas Böses. Endlich mal wieder eine Kapelle von Jungspunden, die nicht den Weg des „wir biedern wir uns dem modernen Sound an um zu gefallen“, sondern eine ordentliche Kante oldschool Schweden Death mit ein paar Hardcore Anleihen angereichert, so kreieren sie einen Metal Bastard, der dann wieder Jung und Alt begeistert. So versammelt sich das Volk auch direkt ab Beginn direkt von der Bühne und geht voll mit ab. Klar, die Helden der lokalen Szene haben ihre Fans, aber auch voll verdient, wie sie hier zeigen. Der zweite Song zeigt sich als straight durchgeballerter Brecher, souverän runtergezockt mit viel Stage Attitude. Die wissen schon gut zu präsentieren, halt echte Bühnenschweine wie man sie haben will. Verdienterweise haben sie auch schon entsprechende Erfolge in der Vergangenheit verzeichnen dürfen und wenn sie dranbleiben, dann warten die großen Bühnen und Festivals schon auf sie. Das bei den Jungs mehr als nur Mucke dahintersteckt, kann man wohl auch schon dem Namen entnehmen. Die ungeklärten Morde von Hinterkaifeck beschäftigen auch über regionale Grenzen Menschen auf Grund ihrer Grausamkeit und emotionalen Kälte die sie umgeben (für Interessierte, neben dem Buch zu dem Fall von Peter Leuschner gibt es auch noch ein, zwei recht gelungene Verfilmungen). So ist auch der Sound von KAIFECK kalt, voll Gefühl, schonungslos und doch zärtlich untermauert. Gerade wenn in Black Metal lastigere Gefilde abgeglitten wird, kommt dieses Gefühl besonders durch. Aber gerade die groovig stampfenden Parts haben es den Jungs angetan, und so poltern sie weiter, angestupst durch das nahezu austickende Auditorium auf Augenhöhe. Es wird gebangt, gehüpft, gemoshed, das ganz Spektrum der metalischen Körperbewegung finden Anwendung und treibt die Kapelle an, die sich lustig unter die Leute mischt und auch mal mitten aus der Menge performt. Hut ab also, geiles Set, so fängt man ein Metalkonzert an. Mit einem anständigen Brecher als Zugabe übergeben die Jungs nach fast einer Stunde unter tosendem Applaus an die nächsten Recken des Abends.
Kaifeck
Kaifeck
Kaifeck
Kaifeck
Kaifeck
Kaifeck
Kaifeck
Kaifeck
Kaifeck
OUR SILENT VOICE aus München nehmen die steile Vorlage auf und donnern energiegeladen voran. Stampfende Drums und wuchtiger Bass vermischt sich mit groovigen Gitarren, so drückt eine fette Screamo Hardcore Wand ins Publikum, welches wie ein Tsunami wieder vom Biergarten in die Halle drückt. Absolut tight zocken die Herren ihre Songs, die in bester Refused Manier (OK, nach einer ordentlichen Packung Steroiden) daherkommen und keine Verschnaufpause zulassen. Der Abend schreitet also in großen Tanzschuhen voran, die Menge geht steil und ständig kommen welche nach. Oft verabschieden sich die Fans der Locals ja direkt nach deren Auftritt, aber hier bleiben heute alle vor Ort und feiern eine wilde Party, ganz im Gegenteil, es kommen eher mehr dazu als abwandern. Die Herren sind auch schon ein paar Tage im Musikzirkus unterwegs, was man dem Stageacting und der Routine, die sie ausstrahlen, auch in jeder Note anmerkt. Bebend wuchtige Schallwände bahnen sich ihren Weg, subtil aufgelockert durch verspielte Klänge der Klampfer und unterlegt durch das harsche Gekeife des Frontmanns. Klare Kaufempfehlung für alle, die mit modern geprägtem Hardcore der rockig groovigen Art steil gehen. Unter dem Geballer und Gewuchte verliert man aber nie die Melodiösität. So sind die Songs angenehm eingängig, animieren auch die letzten Eckensteher zum Mitwippen und Nackenmuskeltraining. Punktioniert und präzise wie ein Skalpellschnitt preschen immer wieder Schredderparts aus den Herren, lösen sich in verspielte, fast schon romantisierte Übergänge, um dann wieder in eine groovige Soundwand zu switchen. Ein dynamisches Gebräu, das nicht nur heute, sondern generell wohlwollenden Anklang findet. Also wird gehüpft und abgegangen, als wärs Samstag 21 Uhr in München.
Our Silent Voice
Our Silent Voice
Our Silent Voice
Our Silent Voice
Our Silent Voice
Our Silent Voice
Our Silent Voice
Our Silent Voice
Nach diesem Brett ist es nun aber Zeit für den Hauptakt des Abends SVNTH. Sphärische Gitarrenklänge gleiten über in entspanntes Picking, wechselt nahtlos in harte Anschläge und dann gibt’s kein Halten mehr. Harsch preschen die Italiener in ihren ersten Song. Und da ist es, ein Wechselbad der Emotionen in Musik verpackt. Blastbeat folg auf Groove, wechselt in melodische Romantik, gleitet kurz darauf zurück in einen schweren Groove um sich am Ende in entspannte Gitarrenpickings aufzulösen. Hier hat der erste Song mehr Inhalt, als bei manch anderen Kapellen ein ganzes Set. Ohne Pause starten die Herren direkt in den nächsten Post Black Metal Drescher, welcher natürlich in eine Zwischenauflösung mit melodischen cleanen Gitarren und laid back Drums fließt. Der aquatische Vergleich passt eh sehr gut. Wie ein Segelschiff auf hoher See zieht es einen mit, durch Sturm und Flaute, getragen über tiefen tiefen Grund, schutzlos den Witterungen ausgesetzt, über massive Wellen stürzend, dahintreibend auf ruhiger See, um nur der nächsten Sturmfront und Gewitter entgegen zu treiben, das einen zu zermalmen droht, nur um dann wieder in den angenehmen Schoß der Ruhe aufgenommen zu werden. Das sind echte Gefühle die hier transportiert werden, mit der entsprechenden musikalischen Tiefe und Eingängigkeit, ohne dabei die Rohheit und Härte einer Black Metal Kapelle einzubüßen. Fast schon meditativ schraubt sich der nächste Zwischenpart wie eine eschersche Treppe in weite Höhe um am Ende doch wieder an seinem Ursprung zu landen und sich gefühlt ohne Übergang in ein schredder Brett aufzulösen. Und natürlich sind weite Strecken der Songs instrumental getragen, Gesang findet eher weniger Einsatz, aber wenn, dann mit einer Kraft und Intensität, die wie eine Stahlstange unter die Haut geht. Gerade verklingen die letzten verspielten Klanglandschaften, als erneut eine harte Kante eine Nackenschelle verteilt, die sich gewaschen hat. Die Jungs wissen ihre Instrumente zu nutzen, sind absolut sicher in jedem Moment. Hier stimmt jeder Wechsel und Übergang, nichts wird dem Zufall überlassen und doch hat alles einen Touch von Improvisation und experimenteller Performance. So eine monströse Dynamik in den Songs habe ich tatsächlich seit längerem nicht mehr live erleben dürfen. Hier trifft der entspannte Devin Townsend auf die wütenden Deafheaven und zusammen steigen sie in die Kiste mit Neurosis artigen Songstrukturen. Was hierbei rauskommt ist nichts anderes als schwerst gefühlvolles Gedresche der intellektuellen Art die Männer schwitzen lässt und Frauen bezirzt. Schön die Herren hier und heute kennenlernen zu dürfen, denn bis dato kannte ich sie tatsächlich noch nicht. Aber an denen bleib ich jetzt wohl länger hängen.
Daher geht mein Dank auch raus an die gesamte Mannschaft des Metal Crew e.V., dafür dass sie einmal mehr so eine geniale Party aufgezogen haben. Ihr habt mein Leben einmal mehr bereichert und mir ein paar schöne Stunden mit sehr geilen Bands verschafft. Macht weiter so, denn die Region braucht euch. Ich freue mich jedenfalls schon auf das nächste Konzert von euch und bin mir sicher, es wird fett genial.
SVNTH
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